§ 71 

Beteiligung der Stufenvertretung und des Gesamtpersonalrates

(1) In Angelegenheiten, in denen die Dienststelle nicht zur Entscheidung befugt ist, ist anstelle des Personalrates die bei der zuständigen Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen.

(2) Vor einem Beschluss in Angelegenheiten, die einzelne Beschäftigte oder Dienststellen betreffen, gibt die Stufenvertretung dem Personalrat Gelegenheit zur Äußerung. In diesem Falle verdoppeln sich die Fristen der §§ 37 und 67 Abs. 2 .

(3) Absatz 1 und 2 gelten entsprechend für die Verteilung der Zuständigkeit zwischen Personalrat und Gesamtpersonalrat.

(4) Für die Befugnisse und Pflichten der Stufenvertretungen und des Gesamtpersonalrats gelten die §§ 56 bis 70 entsprechend.

(5) Werden im Geschäftsbereich mehrstufiger Verwaltungen Maßnahmen von einer Dienststelle getroffen, bei der keine für eine Beteiligung an diesen Maßnahmen zuständige Personalvertretung vorgesehen ist, so ist die Stufenvertretung bei der nächsthöheren Dienststelle, zu deren Geschäftsbereich die entscheidende Dienststelle und die von der Entscheidung Betroffenen gehören, zu beteiligen.

Vergleichbare Vorschriften: § 82 BPersVG; § 50 BetrVG

Erläuterung:

Absatz 1

1 Die Absätze 1 bis 4 tragen dem Umstand Rechnung, dass es im öffentlichen Dienst abgestufte Zuständigkeiten gibt. Dabei findet eine Delegation von insbesondere Personalzuständigkeiten von oben nach unten statt. Häufig sind die Leiter örtlicher Dienststellen nur für Personalentscheidungen bis zu einer bestimmten Besoldungs- und Entgeltgruppe zuständig. Für alle höheren Besoldungs- und Entgeltgruppen ist dann die Mittelbehörde oder das Ministerium zuständig. Gleiches gilt für soziale und organisatorische Angelegenheiten. Die §§ 61 ff gehen von einer Grundzuständigkeit des (örtlichen) Personalrats aus. Abs. 1 legt die Ausgangszuständigkeit fest, also wo das Mitbestimmungsverfahren zu beginnen und gegenüber wem es einzuleiten ist. § 71 enthält keine vom Stufenverfahren des § 62 abweichende Regelungen. Abs. 1 sieht für den Fall einer fehlenden Entscheidungszuständigkeit der (örtlichen) Dienststelle vor, dass die bei der zuständigen Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen ist. Sieht z.B. eine Regelung die Zuständigkeit der Dienststellen des nachgeordneten Bereichs in Personalangelegenheiten bis zur Entgeltgruppe 9 vor, ist bei einer Personalangelegenheit einer Arbeitnehmerin der Entgeltgruppe 8 der (örtliche) Personalrat zu beteiligen. Bei einer Arbeitnehmerin der Vergütungsgruppe 11 ist dagegen das Ministerium zuständig und daher der Hauptpersonalrat zu beteiligen. Für Beschäftigte des Ministeriums ist dagegen immer der (örtliche) Personalrat des Ministeriums zuständig, da der Minister alle Personalkompetenzen hat.

Absatz 2

2 Ist eine Stufenvertretung nach Abs. 1 zuständig, hat diese verpflichtend dem (örtlichen) Personalrat Gelegenheit zur Äußerung zu geben, bevor ein Beschluss gefasst wird. Im Gegensatz zur Anhörung von Beschäftigten nach § 35 Abs. 4 Satz 1 handelt es sich nicht um eine „Kann“-Vorschrift. Die Stufenvertretung muss also dem Personalrat Gelegenheit zur Äußerung geben, es steht kein Ermessensspielraum zu. Der (örtliche) Personalrat hat seine Äußerung durch Beschluss in einer ordnungsgemäß eingeladenen Sitzung zu fassen. Hier gelten die allgemeinen Regeln, also auch die Aussetzung des Beschlusses nach § 37. Deshalb bestimmt Satz 2, dass sich die Frist des § 37 auf zwei Wochen verdoppelt. Verdoppelt wird auch die Anhörungsfrist des § 67 Abs. 2 von 3 auf 6 Arbeitstagen bei außerordentlichen Kündigungen, vor einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Probezeit sowie vor Abmahnungen.

Absatz 3

3 Die Abs. 1 und 2 gelten entsprechend für den Gesamtpersonalrat. Gesamtpersonalräte werden dann gebildet, wenn Dienststellenteile verselbständigt worden sind, § 54 Abs. 1 i.V.m. mit § 6 Abs. 3. Auch hier kann eine Zuständigkeitskonkurrenz zwischen dem Leiter der verselbständigten Dienststelle und dem Leiter der Hauptdienststelle bestehen. Dabei gelten folgende Grundsätze: Der Gesamtpersonalrat ist zuständig, wenn die Leitung der Hauptdienststelle Entscheidungen trifft, die alle Beschäftigten oder die Beschäftigten eines verselbständigten Dienststellenteils betreffen. Trifft die Leitung der Hauptdienststelle eine Entscheidung, die nur Beschäftigte der Hauptdienststelle betreffen, ist immer der örtliche Personalrat der Hauptdienststelle zuständig.

Absatz 4

4 Dieser Absatz verweist hinsichtlich der Befugnisse und Pflichten der Stufenvertretung auf die für den Personalrat geltenden §§ 56 bis 70. Ist in einer Angelegenheit die Dienststelle zuständig, bei der die Stufenvertretung oder der Gesamtpersonalrat gebildet ist, kann die Stufenvertretung / der Gesamtpersonalrat das Initiativrecht, § 61 Abs. 4, ausüben, eine Dienstvereinbarung nach, § 70, abschließen usw.

Absatz 5

8 Absatz 5 trifft den Sonderfall einer mehr als dreistufigen Verwaltung. In Sachsen-Anhalt greift Abs. 5 nur bei den ordentlichen Gerichten. Dort wird beim Ministerium der Justiz der Hauptpersonalrat gebildet, beim Oberlandesgericht der Bezirkspersonalrat, bei Landgericht und Amtsgericht jeweils ein örtlicher Personalrat. Sind Personalbefugnisse auch für die Beschäftigten der dem Landgericht nachgeordneten Amtsgerichte an den Präsidenten des Landgerichts delegiert worden, läge ohne Abs. 5 eine Mitbestimmungslücke vor, weil bei dem Landgericht keine Stufenvertretung zu bilden ist. In diesem Fall ist der Bezirkspersonalrat bei der nächsthöheren Behörde, also dem Oberlandesgericht, zu beteiligen. Zum Geschäftsbereich des OLG gehören sowohl das Landgericht als auch das Amtsgericht.

 
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