§ 1
Errichtung von Personalvertretungen

(1) Personalvertretungen werden gebildet in den Verwaltungen des Landes, der Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise sowie der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen.

(2) Zu den Verwaltungen im Sinne dieses Gesetzes gehören auch die Gerichte und Eigenbetriebe.

 

Vergleichbare Vorschriften: § 1 BPersVG

Erläuterung:

Absatz 1 und 2

1 Die Vorschrift regelt den räumlichen und sachlichen Geltungsbereich. Entsprechend der bundesgesetzlichen Rahmenvorschrift des § 95 Abs. 1 BPersVG werden die landesrechtlichen Voraussetzungen zur Bildung von Personalvertretungen geschaffen.

2 Räumlich erstreckt sich die Anwendung des Gesetzes auf das Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt.

3 Der sachliche Geltungsbereich des Personalvertretungsgesetzes erfasst alle Verwaltungen und Betriebe des Landes, der kommunalen Gebietskörperschaften  Landkreise, Städte und Gemeinden, der Verbandsgemeinden und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen. Verwaltungen sind alle Behörden und Dienststellen des Landes und der Kommunen sowie der Verbandsgemeinden, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.

4 Gemäß der Legaldefinition des Abs. 2 gehören auch die Gerichte und Eigenbetriebe zu den Verwaltungen.

5 Verwaltungen sind alle Behörden und Dienststellen des Landes und der Kommunen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.

Gemäß § 1 Abs. 2 zählen auch die Eigenbetriebe zu den Verwaltungen i.S.d. Abs. 1. Unter einem Eigenbetrieb versteht man ein wirtschaftliches Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit (§1 EigBG LSA). Die Einzelheiten regelt das Eigenbetriebsgesetz Sachsen- Anhalt.

Unter einem Regiebetrieb versteht man einen unselbständigen, in die Verwaltungshierarchie eingegliederten Betrieb. Er wird als Abteilung oder Amt der Verwaltung geführt (z.B. Gärtnereien, Stadtreinigungsämter). Das Gesetz ordnet die Regiebetriebe der Verwaltung zu.

Von den Eigen- und Regiebetrieben zu unterscheiden sind die Eigengesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie werden in privater Rechtsform, meist als AG oder GmbH, geführt. Für diese Betriebe gilt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), auch wenn Allein- oder Mehrheitsgesellschafter die öffentliche Hand ist. Für die Abgrenzung der Anwendungsbereiche des BetrVG und des Personalvertretungsgesetzes kommt es nicht auf die Funktion, sondern ausschließlich auf die Rechtsform der Einrichtung an (vgl. BVerwG vom 9.12.80 - 6 P 23.79- PersV 81, 506). Ist Träger des Betriebes oder der Einrichtung eine juristische Person des öffentlichen Rechts, so findet das Personalvertretungsrecht (Bundespersonalvertretungs- oder Länderpersonalvertretungsgesetz) Anwendung. Ist hingegen Träger eine Privatperson, eine Kapitalgesellschaft (z.B. AG oder GmbH), eine Personengesellschaft (z.B. OHG oder KG) oder ein Verein (e.V.), so gilt das Betriebsverfassungsgesetz. Im Bereich der Kirche und ihrer Einrichtungen gilt das Mitarbeitervertretungsrecht. Personalvertretungsrechtliche Probleme ergeben sich bei der Umwandlung von einer Rechtsform in die andere (zur Umwandlung eines öffentlich-rechtlichen Betriebes in eine privatrechtlich betriebene Eigengesellschaft vgl. BVerwG vom 9.12.80 - 6 P 23.79-, PersV 81, 506). Bislang wird dazu die Meinung vertreten, dass die Bildung eines „Übergangspersonalrates“ analog der Vorschrift des § 21a BetrVG nicht möglich sei. In der Praxis gibt es im Regelfall freiwillige Vereinbarungen zwischen der Dienststellenleitung/ dem Arbeitgeber und dem bisherigen Personalrat über die Wahrnehmung der Rechte aus dem BetrVG bis zur Wahl des Betriebsrates.

Die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein Verband, der aus dem Zusammenschluss von Mitgliedern gebildet wird. Zweckverbände werden als öffentlich-rechtliche Körperschaften zur gemeinsamen Erfüllung öffentlicher Aufgaben im kommunalen Bereich gebildet (vgl. vgl.§ 7 Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit - GKG-LSA - vom 26. Februar 1998, GVBl. S. 81). Zu den öffentlich-rechtlichen Körperschaften zählen die Innungen und Kammern, die Träger der Sozialversicherung (z.B. Allgemeine Ortskrankenkasse, Innungskrankenkassen). Das PersVG LSA findet nur auf öffentlich-rechtliche Körperschaften Anwendung, die der Aufsicht des Landes unterstehen, im Gegensatz zu den bundesunmittelbaren Körperschaften (z.B. die Bundesagentur für Arbeit wendet das BPersVG an). Auf die öffentlichen Versicherungen findet das PersVG LSA Anwendung. Hochschulen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und gleichzeitig staatliche Einrichtungen (vgl. §§ 54, 56 Hochschulgesetz Sachsen-Anhalt - HSG LSA- vom 5. Mai 2004, GVBl. S. 255).

10 Anstalt des öffentlichen Rechts ist eine auf landes- oder bundesrechtlicher Grundlage errichtete Rechtsperson, die der Erfüllung öffentlicher Zwecke dienen soll. Auf der Grundlage des Sparkassengesetzes werden die Sparkassen als kommunale Anstalten des öffentlichen Rechts gebildet. Kommunale Anstalten können nach dem Gesetz über die Kommunalen Anstalten des Öffentlichen Rechts vom 3. April 2001, GVBl. S. 136 gebildet werden. Öffentlich-rechtliche Anstalten sind auch die Rundfunkanstalten. Kraft Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vom 30.5.91 gilt für den MDR das Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15.3.74 in der bei Abschluss des Staatsvertrages geltenden Fassung (vgl. Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vom 25.06.91, GVBl. S. 111) und nicht das PersVG LSA. Das PersVG LSA findet nur auf öffentlichrechtliche Anstalten Anwendung, die der Aufsicht des Landes unterstehen, im Gegensatz zu den bundesunmittelbaren Anstalten (z.B. Deutsche Bundesbank, Bundesanstalt für den Güterfernverkehr wenden BPersVG an).

11 Stiftung des öffentlichen Rechts ist eine eigene Rechtsperson, die eine Vermögensmasse oder Sacheinrichtungen verwaltet und verwertet (z.B. Stiftung Bauhaus, Kulturstiftung Dessau-Wörlitz). Nach § 11 Stiftungsgesetz können staatliche Stiftungen des öffentlichen Rechts nur durch Gesetz errichtet oder aufgelöst werden. Die einzelne Stiftung entsteht idR durch Gesetz (z.B. Gesetz zur Errichtung der „Stiftung Bauhaus Dessau“ vom 9. Februar 1994“ vom 9. Februar 1994, GVBl. S. 200). Das PersVG LSA findet nur auf öffentlich-rechtliche Stiftungen Anwendung, die der Aufsicht des Landes unterstehen, im Gegensatz zu den bundesunmittelbaren Stiftungen (z.B. die bundesunmittelbare Stiftung Preußischer Kulturbesitz wendet BPersVG an).

12 Gerichte üben die rechtsprechende Gewalt im Staat aus. Gerichte des Landes sind die Amtsgerichte, die Landgerichte, das Oberlandesgericht, die Verwaltungsgerichte, das Oberverwaltungsgericht, die Sozialgerichte, das Landessozialgericht, die Arbeitsgerichte, das Landesarbeitsgericht, das Finanzgericht und das Landesverfassungsgericht. Hierzu zählen auch die Staatsanwaltschaften und die Generalstaatsanwaltschaft.

13 Das Gesetz enthält die Verpflichtung zur Bildung von Personalvertretungen, ohne dass die Nichteinhaltung dieser Pflicht Sanktionen zur Folge hat. Örtliche Personalräte werden bei der Dienststelle gebildet (§ 6). Neben den örtlichen Personalräten werden unter bestimmten Voraussetzungen Gesamtpersonalräte gewählt (§ 54 i.V.m. § 6 Abs. 3). Im Geschäftsbereich der mehrstufigen Landesverwaltung werden auf der Mittelstufe Bezirkspersonalräte und bei den obersten Dienstbehörden Hauptpersonalräte gebildet (§ 52 Abs. 3).

14 Die Personalvertretung repräsentiert alle Beschäftigten (§ 4) der Dienststelle. Die gesetzliche Regelung des Personalvertretungsrechts folgt aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und den Grundrechtsverbürgungen des Grundgesetzes (BVerfG vom 26.5.70 - 2 BvR 311/67, BVerfGE 28, 314 und vom 18.12.85 - 1 BvR 143/83; offen gelassen von BVerfG vom 24.5.95 – 2 BvF 1/92 – BVerfGE 93, 37). Der Personalrat hat die Aufgabe, die Interessen der Beschäftigten und die Verwirklichung ihrer Grundrechte gegenüber dem Dienstherrn in kollektiver Vertretung wahrzunehmen.

 

§ 2
Grundsätze der Zusammenarbeit

(1) Dienststelle und Personalrat arbeiten in den durch dieses Gesetz geregelten Angelegenheiten vertrauensvoll und unter Beachtung der Gesetze und Tarifverträge zum Wohle der Beschäftigten und der Dienstelle und zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben zusammen.

(2) Die Gewerkschaften, Berufsverbände und Arbeitgebervereinigungen unterstützen die Personalvertretung und die Dienststellen bei der Durchführung der ihnen obliegenden Aufgaben und der Wahrnehmung der ihnen durch dieses Gesetz gewährten Rechte. Zur Wahrnehmung dieser Unterstützungsfunktion ist den Beauftragten der Gewerkschaften, Berufsverbände und Arbeitgebervereinigungen nach Unterrichtung der Dienststellenleitung oder ihrer Vertretung Zugang zu der Dienststelle zu gewähren, soweit dem nicht unumgängliche Notwendigkeiten des Dienstablaufs, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Dienstgeheimnissen entgegenstehen.

Vergleichbare Vorschriften: §§ 2, 96 BPersVG; § 2 BetrVG

Erläuterung:

Absatz 1

1 Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalrat soll zwei gleichrangigen Zielen dienen: dem Wohl der Beschäftigten und der Erfüllung der Aufgaben, die der Dienststelle obliegen. Es ist kein leerer Programmsatz, sondern unmittelbar geltendes und zwingendes Recht (BVerwG vom 23.5.86 - 6 P 23.83-, PersR 86, 233; BVerwG vom 26.8.88 - 6P 11.86, BVerwGE 78, 72).

2 Personalrat und Dienststellenleitung stehen sich als gleichberechtigte Partner gegenüber. Die Gleichberechtigung verbietet es der Dienststellenleitung, Maßnahmen einseitig und ohne die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung durchzuführen.

3 Dienststellenleiter und deren Beauftragte (vgl. § 7) müssen ebenso wie die Personalvertretungen bei der Verfolgung ihrer Interessen und Ziele mit dem ernsten Willen zur Einigung verhandeln. Das Gebot der gleichberechtigten und vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet die Dienststelle, den Personalrat auch außerhalb des formalen Beteiligungsverfahrens hinzuzuziehen und ihn z.B. über alle Vorgänge, die einen Bezug zu seinen Aufgaben haben, zu informieren oder ihn an Besprechungen zu beteiligen. Insbesondere ist die Dienststellenleitung verpflichtet, die Personalvertretung schon bei Vorentscheidungen für Maßnahmen, die später beteiligungspflichtig werden, zu unterrichten (BVerwG vom 5.2.71 - VII P 17.70-, PersV 7, 271). Erhebt der Personalrat Einwendungen gegen mitbestimmungspflichtige Maßnahmen, so muss der Dienststellenleiter diese ernsthaft prüfen und ggf. mit dem Personalrat erörtern (BVerwG vom 20.6.86 - 6 P 4.83-, PersR 86, 197). Dies gilt auch dann, wenn die Dienststelle die Einwendungen für nicht beachtlich hält.

4 Andererseits ist die Personalvertretung nach dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet, den Dienststellenleiter innerhalb der Ausschlussfristen auf vermeintlich formelle Fehler bei der Einleitung des Beteiligungsverfahrens hinzuweisen (BVerwG vom 26.8.87 - 6 P 11.86). Die gleiche Verpflichtung gilt für die Dienststellenleitung gegenüber der Personalvertretung. Der Personalrat darf kein Flugblatt herausgeben, in dem der Dienststellenleiter angegriffen und verdeckt zum Rücktritt aufgefordert wird (BVerwG vom 27.11.81 - 6 P 38.79-, PersV 83, 408). Ein Personalrat verstößt nicht gegen die vertrauensvolle Zusammenarbeit, wenn er bei Gesetzesverstößen und gescheiterten Verhandlungen das Gericht zur Klärung anruft. Keine Verletzung der vertrauensvollen Zusammenarbeit ist die Information der Beschäftigten über allgemeine Angelegenheiten, die sie betreffen, z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, Einführung neuer Arbeitsmethoden etc.

5 Die Zusammenarbeit muss unter Beachtung der Gesetze und Tarifverträge und im Zusammenwirken mit den in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften, Berufsverbänden und Arbeitgebervereinigungen erfolgen. Gewerkschaften sind in der Regel nur solche Arbeitnehmervereinigungen, die tariffähig, unabhängig und überbetrieblich organisiert sind, und die aufgrund einer leistungsfähigen Organisation in der Lage sind, einen fühlbaren Druck auf den sozialen Gegenspieler auszuüben (BerfG vom 13.09.2019 - 1 BvR 1/16; BAG vom 26.06.2018 - 1 ABR 37/16; BAG vom 25.11.86 - 1 ABR 22/85, AuR 88, 222; Altvater, § 2 BPersVG Rn. 8; Däubler, § 2 BetrVG Rn. 17 m.w.Nw.). Da nach derzeit geltendem Recht der Abschluss von Tarifverträgen für Beamte nicht zulässig ist, sind die Berufsverbände, die keine Gewerkschaften sind, ausdrücklich genannt.

6 Eine Verletzung des Gebots der gleichberechtigten und vertrauensvollen Zusammenarbeit kann für den Personalrat ein Auflösungs- oder Ausschlussverfahren (vgl. § 27), für den Diensstellenleiter ein Disziplinarverfahren zur Folge haben (BVerwG vom 23.5.86 - 6 P 23.83, PersV 87, 196)

Absatz 2

7 Den in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften steht ein Zugangsrecht zur Wahrnehmung ihrer personalvertretungsrechtlichen Aufgaben zu. Dazu gehören die ausdrücklich im Gesetz aufgeführten Aufgaben, aber auch alle weiteren Angelegenheiten, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem Personalvertretungsgesetz stehen (BAG vom 26.6.73 - 1 ABR 24/72, AuR 73, 279 ; anders Grabendorff, § 2 BPersVG Rn. 17 ff.). Beauftragten einer in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaft ist der Zutritt zur Dienststelle zu gewähren, wenn diese auf Ersuchen des Personalrats an einer Besichtigung des Arbeitsplatzes eines Angestellten durch den Personalrat zur Überprüfung der Eingruppierung teilnehmen sollen (BAG vom 17.1.89 - 1 AZR 805/87-, PersR 89, 138).

8 Das Zugangsrecht besteht nur, wenn die Gewerkschaft in der Dienststelle vertreten ist. Dies ist dann der Fall, wenn mindestens ein Beschäftigter der Gewerkschaft angehört. Den Beweis kann die Gewerkschaft durch mittelbare Beweisführung erbringen, so etwa durch notarielle Erklärung, ohne dass der Name des Beschäftigten genannt werden muss (BAG vom 25.3.92 - 7 ABR 65/90, NZA 93, 134).

9 Das Zugangsrecht besteht nach Unterrichtung der Dienststellenleitung. Diese kann den Zutritt jedoch nur dann verweigern, wenn zwingende Sicherheitsvorschriften, unumgängliche Notwendigkeiten des Dienstablaufs oder der Schutz von Dienstgeheimnissen entgegenstehen. Diese äußerst seltenen Ausnahmen dürften in der Praxis kaum eine Rolle spielen.

10 Die Aufgaben der Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen, die sich unmittelbar aus der Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG ergeben, bleiben vom Personalvertretungsgesetz unberührt. Dazu gehören für die Gewerkschaften insbesondere die Betreuungstätigkeit und die Mitgliederwerbung in der Dienststelle oder im Betrieb. Unabhängig von Abs. 2 besteht hierzu ein generelles Zugangsrecht. Das BVerfG hat ursprünglich nur die Gewährleistung des Kernbereichs der gewerkschaftlichen Betätigung auch in der Personalvertretung anerkannt (BVerfG vom 18.12.85 - 1 BvR 143/83, AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Danach ist insbesondere die Plakatwerbung, die Verteilung von Informationsmaterial und Nutzung schwarzer Bretter zulässig. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 14.11.1995 – 1 BvR 601/92 dürfen auch freigestellte Mitgliedern von Personalvertretungen werbend für die Gewerkschaft tätig werden. Sie haben aber das Gebot der neutralen Amtsführung zu beachten (Altvater, § 2 BPersVG Rn. 52).

11 Zu den Besonderheiten beim Verfassungsschutz siehe § 82 Abs. 4.

 

§ 4
Beschäftigte und Gruppen

  (1) Beschäftigte im öffentlichen Dienst im Sinne dieses Gesetzes sind die Beamten und Arbeitnehmer der Träger der öffentlichen Verwaltung gemäß § 1 .

  (2) Beschäftigter ist auch, wer in der Dienststelle weisungsgebunden beschäftigt wird, selbst wenn sein Arbeits- oder Dienstverhältnis zu einem fremden Arbeitgeber oder Dienstherrn besteht.

  (3) Beschäftigter ist auch, wer zu seiner Ausbildung in der Dienststelle tätig ist, unabhängig davon, ob er für seine Ausbildung eine Vergütung erhält, ob er sich gleichzeitig in einem Berufs- oder Schulausbildungsverhältnis zu einem Dritten befindet oder ob der Träger der Dienststelle die Kosten der Ausbildung trägt. Nicht erforderlich ist, dass Zweck der Ausbildung die spätere Übernahme in den öffentlichen Dienst ist.

  (4) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

  1. Richter oder Staatsanwälte, außer im Anwendungsfall des § 47 Abs. 3 des Landesrichtergesetzes ,
  2. Professoren, Juniorprofessoren, Hochschuldozenten und Gastprofessoren an einer Hochschule des Landes,
  3. die in Lehre und Forschung tätigen habilitierten Personen an Forschungsstätten, die nicht wissenschaftliche Hochschulen sind,
  4. Ehrenbeamte,
  5. Personen, die aufgrund eines Vertrages überwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, Besserung oder Erziehung beschäftigt werden,
  6. Personen, die aufgrund von überwiegend karitativ oder religiös geprägten Beweggründen beschäftigt sind,
  7. Praktikanten,
  8. Personen, die im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit gemäß § 16d des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in der Dienststelle tätig sind.

  (5) Unter den Beschäftigten bilden die Beamten im Sinne des Beamtenstatusgesetzes in Verbindung mit dem Landesbeamtengesetz eine Gruppe. Als Beamte im Sinne dieses Gesetzes gelten auch Beschäftigte in einem öffentlich-​rechtlichen Ausbildungsverhältnis und Richter oder Staatsanwälte im Anwendungsfall des § 47 Abs. 3 des Landesrichtergesetzes .

  (6) Die übrigen Beschäftigten bilden die Gruppe der Arbeitnehmer und gelten als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.

 

Vergleichbare Vorschriften: §§ 4, 5 BPersVG; § 5 BetrVG

Erläuterung

Absatz 1

1 Diese Vorschrift regelt den persönlichen Geltungsbereich des Gesetzes. Nur wer Beschäftigter i.S.d. Gesetzes ist, wird vom Personalrat vertreten. Die Größe des Personalrates bestimmt sich nach der Zahl der Beschäftigten (§ 16 Abs. 1). Zum Kreis der Beschäftigten gehören alle organisatorisch in die Dienststelle eingegliederten Personen, und zwar die Beamtinnen und Beamten, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen und die Beschäftigten, die in einem Arbeitsverhältnis stehen.

2 Arbeitnehmerähnliche Personen, die für eine unter Landesrecht fallende Behörde oder Einrichtung (vgl. § 1) aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages tätig sind, können Beschäftigte sein. Voraussetzung ist, dass sie wirtschaftlich abhängig und somit vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind. Zu den Beschäftigten zählen ferner Heim- und Fernarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer (vgl. Altvater, § 4 BPersVG Rn. 18.). Auch ABM-Kräfte zählen zu den Beschäftigten.

3 Wehr- und Zivildienstleistende bleiben während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses Beschäftigte ihrer Dienststelle. Sie zählen in der Dienststelle, in der sie ihren Zivildienst ableisten, jedoch nicht zu den Beschäftigten.

4 Der Dienststellenleiter ist grundsätzlich Beschäftigter, wobei Einschränkungen hinsichtlich der Wählbarkeit gelten (vgl. § 14 Abs. 3)

Absatz 2

5 Beschäftigt im Sinne des Gesetzes ist auch, wer z.B. im Wege der Arbeitnehmerüberlassung in einer Dienststelle beschäftigt ist. Bei der Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG besteht grundsätzlich ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher, die Beschäftigung findet bei dem Entleiher statt. Fraglich ist, ob z.B. Arbeitslose in sog. „1- Euro-Jobs“ zu den Beschäftigten zählen. Sie sind einerseits in die Dienststelle eingegliedert, andererseits werden sie aufgrund eines Verwaltungsakts des Job-Centers tätig. Gem. § 16d Abs. 7 Satz 2 SGB II sind diese Beschäftigungsgelegenheiten kein Arbeitsverhältnis. Da jede arbeitsvertragliche Beziehung fehlt, dürfte die Beschäftigteneigenschaft nicht vorliegen. Zur Frage der Mitbestimmung bei Einstellung von Beschäftigten in "1-Euro-Jobs siehe § 67 Rn 7.

Absatz 3

6 Zu den Beschäftigten zählen Personen, die zu ihrer Ausbildung in der Dienststelle tätig sind. Hierzu zählen auch Umschülerinnen und Umschüler. Maßgeblich ist allein, dass die Dienststelle die Ausbildungsmöglichkeit zur Verfügung stellt.

Absatz 4

7 Bestimmte in Dienststellen nach § 1 tätige Personen zählen kraft Gesetzes nicht zu den Beschäftigten der Absätze 1 bis 3. Damit werden sie auch nicht für z.B. die Größe des Personalrats nach § 16 Abs. 1 mitgezählt.

8 Nr. 1: Richter und Staatsanwälte, die unter den Geltungsbereich des LRiG LSA fallen, gelten nicht als Beschäftigte. Diese wählen die Richtervertretungen (§§ 36 ff. LRiG LSA) bzw. Staatsanwaltschaftsräte (§ 75 LRiG LSA). Werden die Richter und Staatsanwälte an eine Verwaltungsbehörde angeordnet und dauert die Abordnung länger als sechs Monate, werden sie dort wie ein Beamter zur Personalvertretung wahlberechtigt und wählbar (§ 47 Abs. 3 Satz 2 LRiG LSA). Ähnlich wie bei anderen abgeordneten Beschäftigten gilt dies nicht, wenn feststeht, dass sie spätestens innerhalb von weiteren sechs Monaten an das bisherige Gericht zurückkehren (§ 47 Abs. 3 Satz 3 LRiG LSA). 

9 Nr. 2: Für Professoren, Juniorprofessoren, Hochschuldozenten und Gastprofessoren an einer Hochschule des Landes galt das Gesetz schon bisher nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 (alte Fassung) nicht. Bei der Bestimmung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ist die mitgliedschaftliche Stellung nach dem Hochschulgesetz Sachsen-Anhalt maßgeblich.

10 Nr. 3: Das unter Rz. 9 Gesagte gilt auch für die in Lehre und Forschung tätigen habilitierten Personen an Forschungsstätten, die nicht wissenschaftliche Hochschulen sind, für die das Gesetz nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 (alte Fassung) nicht galt. Nicht ausgenommen vom Gesetz sind hingegen die wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter und Lehrkräfte mit besonderen Aufgaben an Hochschulen. Nur wenn sie ganz oder teilweise aus Drittmitteln bezahlt werden, findet § 67 keine Anwendung (§ 99 Nr. 1). Das gleiche gilt für nichthabilitierte wissenschaftliche Mitarbeiter an außeruniversitären Forschungseinrichtungen (§ 99 Nr. 2).

11 Nr. 4: Ehrenbeamte sind z.B. die ehrenamtlichen Bürgermeister.

12 Nr. 5: Ebenfalls nicht als Beschäftigte gelten Personen, die aufgrund eines Vertrages überwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, Besserung oder Erziehung beschäftigt sind. Hier überwiegt der therapeutische Zweck der Beschäftigung.

13 Nr. 6:  Personen, deren Beschäftigung überwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt sind, gelten nicht als Beschäftigte. Dies sind z.B. Mönche, Ordensschwestern oder Diakonissen in Krankenhäusern oder DRK-Schwestern, deren Tätigkeit auch bei Gestellung an ein kommunales Krankenhaus durch ihre Mitgliedschaft im Schwesternverband geprägt sein soll (BAG vom 06.07.1995 - 5 AZB 9/93). Beschäftigte, die ihren Lebensunterhalt zum größten Teil durch die Beschäftigung bestreiten, fallen allerdings unter den Beschäftigtenbegriff, da hier die karitativen oder religiösen Beweggründe nicht überwiegen. Bei dem in Abs. 4 Nr. 6 genannten Personenkreis ist auf den überwiegenden Zweck der Beschäftigung abzustellen. Unabhängig vom Status kann deren Beschäftigung aber als Einstellung nach § 67 Abs. 1 Nr. 1 mitbestimmungspflichtig sein (vgl. § 67 Rn. 7).

14 Nr. 7: Nach Abs. 4 Nr. 7 gelten nur solche Praktikanten nicht als Beschäftigte, die im Rahmen eines Schul- oder Hochschulstudiums in der Dienststelle tätig sind. Besteht hingegen ein Vertrag mit der Dienststelle oder der Einrichtung und wird eine Vergütung gezahlt, so muss man von einer Eingliederung in die Dienststelle und somit von Beschäftigten im personalvertretungsrechtlichen Sinne ausgehen.

Absatz 5

15 Die Beamten bilden eine Gruppe. Das Gesetz definiert nicht mehr selbst, wer Beamter ist, sonderm verweist auf das Beamtenstatusgesetz in Verbindung mit den Landesbeamtengesetz. Satz 2 erweitert die Gruppe um die Beschäftigten in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis (die sozialversicherungsrechtlich Arbeitnehmer sind) und die Richter und Staatsanwälte, die an eine Verwaltungsbehörde abgeordnet wurden (s. Rz. 8)

Absatz 6

16  Zur Gruppe der Arbeitnehmer gehören all die Beschäftigten, die nicht zur Gruppe der Beamten nach Abs. 5 zählen. Dienstordnungs-Angestellte (z.B. im Bereich der Sozialversicherung) gehören zur Gruppe der Arbeitnehmer. Ebenso übertarifliche (außertarifliche) Arbeitnehmer.

 

§ 3
Unabdingbarkeit

Durch Tarifvertrag oder Dienstvereinbarung kann das Personalvertretungsrecht nicht abweichend von diesem Gesetz geregelt werden.

Vergleichbare Vorschriften: §§ 3, 97 BPersVG; § 3 BetrVG

Erläuterung:

1 Das grundsätzliche Verbot, das Personalvertretungsrecht durch abweichende tarifvertragliche Regelungen zu verändern, soll ein einheitliches Personalvertretungsrecht für alle Dienststellen gewährleisten (Grabendorff, § 3 BPersVG Rn. 3). Tarifvertragliche Regelungen, die gegen diese Vorschrift verstoßen, sind unwirksam.

2 Die Vorschrift schließt nicht jede tarifvertragliche Regelung aus. Durch Tarifvertrag können die Rechte zwischen Personalrat und Dienststelle, die insbesondere in den Beteiligungsrechten festgeschrieben sind, konkretisiert werden. Tarifvertragliche Regelungen müssen sich an die Grundsätze des Personalvertretungsrechts halten. Sie können weder neue Mitbestimmungsrechte schaffen noch diese erweitern (BAG vom 15.7.86 - 1 AZR 654/84 AP Nr. 1 zu Art. 3 LPVG Bayern). So übertragen die Tarifvertragsparteien des TVöD-VKA die Ausgestaltung der leistungsbezogenen Bezahlung durch Betriebs- oder einvernehmliche Dienstvereinbarung den Betriebsparteien , § 18 Abs. 6 Satz 3 TVöD-VKA.

3 Es ist umstritten, ob das Verbot abweichender Regelungen durch Tarifvertrag mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar ist (vgl. Kempen/Zachert, § 1 Rn 100).

 (§ 5 ist weggefallen. Der Inhalt ist jetzt in § 4 Abs. 5 und 6 geregelt)

§ 5
Gruppen

Die Beamten und Arbeitnehmer einer Dienststelle bilden je eine Gruppe.

Vergleichbare Vorschriften: § 5 BPersVG

Erläuterung:

1 Die Gruppeneinteilung ist zwingend vorgeschrieben. Die Zugehörigkeit zu der entsprechenden Beschäftigtengruppe ergibt sich aus § 4 Abs. 5 und 6. Die in § 4 Abs. 1 Satz 2 genannten Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die in einer Landesdienststelle eine nichtrichterliche oder nichtstaatsanwaltschaftliche Tätigkeit ausüben, werden der Gruppe der Beamten zugeordnet. Eine abweichende Gruppenbildung gibt es an den Schulen. Dort werden sechs Fachgruppen gebildet (§ 87).

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Über die Autoren

Die Autoren kommen aus der Praxis und haben als Beschäftigte der Gewerkschaft ötv/ver.di viele Jahre Personalräte beraten.

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Ralf Birkenfeld

Werner Theis

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Werner Theis
Rechtsanwalt
Hoetmarer Dorfbauerschaft 5
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Telefon: +49 (0) 2585 95134
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